Beim Summer Special der Social Media Night Stuttgart am 19. August im Open-Air-Kino des Mercedes Benz Museum drehte sich (fast) alles um das Thema Automobil. Der Regen hatte rechtzeitig zum Veranstaltungsbeginn der Sonne Platz gemacht und bei Popcorn und Chips galt es vier spannenden Vorträge zu lauschen:
Community based Launch – innovative Produkte erfolgreich kommunizieren von Prof. Dr. Marc Drüner, Automobilindustrie im Wandel – Die Digitalisierung der Begeisterung von Tom Kedor, Always on – Mobile first @Mercedes-Benz von Olaf Schmitz und wie im letzten Jahr schon präsentierten Lukas Pierre Bessis und Matthias Berzel ihre Eindrücke aus Cannes.
Sternzeichenautos, ein kugelförmiger VW und eine Coke mit deinem Namen.
Der erste Vortrag kommt von Prof. Dr. Marc Drüner, Geschäftsführender Gesellschafter trommsdorff + drüner innovation + marketing consultants, Berlin und er hat zwei spannende Projekte für uns dabei.
Für VW in China entstand »The Peoples Car Project« – zwei Jahre lang wurden die Menschen zur Gestaltung ihrer Traumautos angeregt. Vor dem Start der Kampagne hatte VW nicht wirklich ein gutes Image in China. Das scheint sich durch das PCP geändert zu haben. In China nutzt man andere soziale Netzwerke als im Rest der Welt. Es gibt mehr twitterähnliche Seiten. In China sind rund eine halbe Milliarde Menschen online, davon 356 Millionen mobil. Eine wunderbare Voraussetzung, um eine große virtuelle Community aufzubauen. Die Kampagne wurde in mehrere Abschnitte unterteilt, bei denen die Fans dazu aufgefordert wurden, sich mit den Themen Design, Environment, Connectivity und Personalisierung von Automobilen auseinanderzusetzen.
Es entstanden per Online-Design-Tool Autos passend zum Sternzeichen, in einer Mobile-App konnte man einen kleinen Eisbären retten, wenn man richtig Auto gefahren ist und Fotos des Flubber-Cars, dass man irgendwo am Straßenrand parkte, wurden tausendfach im Internet geteilt. Dass der Designer der Flubber-Cars dafür vier Stunden im Knast saß zeigt, wie viel Engagement auch seitens des Herstellers in das Projekt geflossen ist. Den Auto-Entwurf eines Mädchens setzten die Designer von VW dann sogar digital um. Hier gibt es einen Bericht und einige Videos dazu.
Ein weiteres schönes Projekt ist die Share a Coke Kampagne von Coca-Cola. Coca-Cola will vor allem neue jugendliche Kunden gewinnen. Bei den Werbemaßnahmen und Kampagnen vergleicht sich Coca-Cola Deutschland nicht etwa mit Pepsi – hier ist die direkte Konkurrenz McDonalds. Die haben es schön vorgemacht mit ihrer My Burger Kampagne, bei der User im Netz ihren eigenen Burger kreieren konnten und die Community dann darüber abstimmte, welcher Burger tatsächlich in die Läden kommen soll. Coca-Cola zieht hier nach und bedruckt Flaschen und Dosen mit Namen. Diese kann man auch online individualisieren und bestellen. Wie so eine europaweite Kampagne erfolgreich werden kann zeigt Drüner im Social Media Dashboard. Hier sind alle Länder und alle Coca-Cola Marken verknüpft. Durch eine genaue Absprache aller beteiligten Agenturen in den unterschiedlichen Ländern konnte diese Aktion exakt geplant und erfolgreich durchgeführt werden.
Von spielenden Kopfrechnen-Profis, Klick-Robotern und Heinz & Wolfgang.
Tom Kedor, Geschäftsführer von MOTOR-TALK beeindruckt mit einem erfrischenden, runden Vortrag über die langjährige Arbeit im Social Web und wie Hersteller und Kunden perfekt in Dialog treten können.
Was ist wichtig in der Kommunikation? Wie bringe ich meine Botschaft richtig zum Empfänger? Wie bewege ich Menschen zum Mitmachen? Kedor erzählt, wie er es geschafft hat, seinen Sohn zum Kopfrechnen üben zu bringen: Gamification ist das Stichwort. Ein Brettspiel bei dem man viele Punkte und Werte berechnen muss war der Schlüssel zum Erfolg – beide Seiten hatten etwas davon: Vater und Sohn verbringen gemeinsame Zeit beim Spielen miteinander und das Kopfrechnen wird geübt. Wichtig ist allerdings bei allen Aktionen, dass das Warum nicht in den Hintergrund rückt. »Dude’s Law«, wie es Kedor nennt, besagt: Wert = Warum / Wie. Je mehr man über das Wie nachdenkt, umso kleiner wird der Wert.
MOTOR-TALK ist seit 12 Jahren unabhängig im Social Web aktiv. In den Anfängen hieß das ganze noch Forum, später dann Community – heute ist es Social Media in allen Bereichen. Man will keine Klicks von Robotern zählen. Es geht um mehr – man will bestehende Antriebe nutzen und dadurch Engagement schaffen. MOTOR-TALK nutzen Menschen, die mitdenken und mitmachen, die eine gemeinsame Begeisterung haben. Aber wer ist genau in der Community unterwegs? Das sind zu 90% Heinz und 44% Wolfgang – Heinz sucht Hilfe und Wolfgang weiß Bescheid und hilft. Dann 48% Katja und Kai, die Kaufinteressenten und 33% Nils, der Netzwerker.
MOTOR-TALK hat 2,3 Mio. Mitglieder – 300 Tsd. aktive im Monat. Es ist kostenlos, frei zugänglich und neutral. Vier Millionen Menschen lesen mit.
Doch was genau passiert auf MOTOR-TALK? Das Forum ist keineswegs die Meckerecke des Internets, wie manch einer vermuten mag. Die User setzen sich mit dem Produkt auseinander. Eine seit drei Jahren von MOTOR-TALK durchgeführte Umfrage zeigt: 82,9% der Autobesitzer sind zufrieden mit ihrem Auto. Fragt man die einzelnen Hersteller, wie sie ihr Abschneiden einschätzen, so nennen diese meist niedrigere Werte.
MOTOR-TALK bietet auch den Automobil-Herstellern die Möglichkeit, sich einzubringen. Denn laut Kedor reduzieren aktuell noch zu viele Firmen Social Media nur auf Facebook. Oft ist dort dann als Dialog getarnte Werbung zu finden. Der (potentielle) Kunde wird nicht einbezogen. So bleiben 90% der Potentiale, die das Social Web bietet ungenutzt. Denn die Kunden wollen Produkte, die mit ihnen wachsen, die sich nach ihnen richten.
Für den Bereich, in dem sich die Hersteller präsentieren können fragt MOTOR-TALK seine User, was sie sich wünschen. Hier stehen an den ersten drei Stellen Beantwortung von Fragen durch Experten, eigene Unter-Foren, in denen sich die Hersteller selbst engagieren und ein Ort für Lob, Kritik und Anregungen, in dem der Hersteller darauf reagieren kann. Die Nutzer wünschen sich also in erster Linie einen Markendialog, der von Ihnen ausgeht.
Mit der Einladung von 30 Interessierten zu persönlichen Gesprächen und Präsentation beim Hersteller hat VW mit dem neuen Passat schön vorgeführt, wie das funktionieren kann. Wenn man aber bedenkt, dass sich dafür 5000 Personen beworben haben kann das nur der »Zuckerguss auf dem Kuchen« sein, so Kedor. Die Hauptkommunikation muss online sein. Hier kann noch viel getan werden. 94% der Autokäufer recherchieren vor dem Kauf online – durchschnittlich bei 18 unterschiedlichen Quellen.
Das Beste oder nichts: Alle Online-Inhalte sollen mobil erreichbar sein.
Olaf Schmitz, Leiter Digitale Produktkommunikation und Mobile Marketing Mercedes-Benz Cars beschreibt in seinem Vortrag, wie Mercedes-Benz neue Maßstäbe im Social Web setzt. Seit die Mobiltelefone die Möglichkeit bieten, nutzt sie Mercedes-Benz, um Kampagnen zu fahren. Schon 2007 wurde die erste Für Mobiltelefone umgesetzt – 2008 entstand die erste App. Mittlerweile gibt es über 100 Apps von den unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens – koordiniert und kontrolliert werden sie durch das Headquarter.
Das Handy ist mittlerweile Alltagsgegenstand – laut einer Umfrage haben 91% der Erwachsenen ihr Smartphone 24/7 griffbereit. Es liegt während dem Schlaf auf dem Nachttisch bereit, damit man morgens vor dem Aufstehen auf Facebook nachsehen kann, was die Welt einem zu erzählen hat. Mercedes-Benz hat sich das Ziel gesetzt alle Online-Inhalte auch für Mobilgeräte verfügbar zu machen – immer in der optimalen Ansicht. Seit 2012 wird daran gearbeitet die Webseiten, Kataloge und Konfiguratoren für Smartphones, Tablets und On-Board-Geräte in über 35 Märkten fit zu machen. Der Konfigurator soll schließlich auch gut aussehen, wenn ihn der BMW-Fahrer in seinem Wagen auf dem Board-Computer aufruft.
10% der Gesamttraffics auf den Seiten von Mercedes-Benz kommt mittlerweile von Mobilgeräten. Die Seiten funktionieren bzw. sind optimiert für rund 890 unterschiedliche Devices. Viele Kampagnen werden auf mobile Nutzung ausgelegt. Zur IAA wurde eine reine Mobil-Kampagne konzipiert. Zusätzlich zu der Optimierung für mobil werden alle Social Media Kanäle angesteuert und mit Inhalten gefüttert. Denn: die Kinder, die jetzt mit dieser Technik groß werden sollen sich mit 18 ihr Auto online kaufen können, so Schmitz. Benchmark für dieses Ziel ist die Ebay Mobile App: hier wird jede Sekunde ein Produkt verkauft, jede Minute ein Paar Damenschuhe, alle zwei Minuten eine Damenhandtasche und alle 10 Minuten ein Gebrauchtwagen.
Best-of Cannes Lions 2013 – das weltgrößte Werbefilmfestival. Eine Zusammenfassung.
Lukas Pierre Bessis, Geschäftsführender Gesellschafter und Matthias Berzel, Creative Planner BPPA Bessis Pink Pony Advertising berichten von den neuen Trends aus Cannes und zeigen einige der Preisträger.
Den Start macht Lukas Pierre Bessis mit einem Einstieg in die Welt der Werbung. Die Welt verändert sich und damit auch die Kommunikation und Werbung. Werbung war in den Anfängen von 1929 bis 1959 meist Information und Education, 1960-1995 wurden daraus Awareness und Seduction – man musste sich von der Konkurrenz abheben – 1996-2009 standen dann Digital und Fragmentation im Vordergrund. Mit der Wirtschaftskrise kam es zu einem Umdenken und so sind heute vier Trends erkennbar: die Bürgerbewegung – die Menschen haben ihre Mündigkeit entdeckt und nutzen diese, die Nachhaltigkeit – bewusster Umgang mit Ressourcen, die Globalisierung – zum einen Cocooning und auf der anderen Seite Global Village und schließlich die Digitalisierung. Diese Trend beeinflussen Gesellschaft, wie auch Unternehmen. Aus der Digitalisierung resultiert mehr Vernetzung und mehr Transparenz – dadurch aber gleichzeitig auch mehr Verantwortung und mehr Abhängigkeit.
Wir leben in einem Age of Brand Networks. Die Frage ist: »Wie kann ich mich mit meiner Zielgruppe nachhaltig vernetzen?« Auch hier steht aber wieder das Warum? im Vordergrund. Dieses Denken fließt ein in die aktuellen Marketingstrategien. Es geht um Values, Platform Thinking und Innovation. Values: der Konzern sieht nicht den Konsumenten, er sieht den Menschen mit seinen Wünschen und Bedürfnissen. Coca-Cola zum Beispiel hat aktuell die erste Cola mit Stevia und Bio-Zucker und biologisch angebautem Koffein in einer Flasche, die zu 30% aus nachwachsenden Rohstoffen besteht in Argentinien gelauncht. Coca-Cola life. Platform Thinking: Bespielung aller möglichen Kanäle. Ein gutes Beispiel ist Nike mit dem Runners Network, Nike ID oder Nike+. Innovation: ausbrechen aus dem Schubladendenken. Alle Abteilungen sollen in Real Time miteinander zu allen Themen kommunizieren, damit Innovationen geschaffen werden können.
Zum Abschluß zeigt Matthias Berzel noch einige der Gewinner-Spots und -Kampagnen, von denen ich hier ein paar mit kurzen Beschreibungen zeigen möchte. Einen ausführlichen Bericht zu den Awards findet man demnächst auch auf dem Blog von BPPA.
Dove – Real Beauty Sketches
Oreo 100th Birthday – The Daily Twist
Oreo – Life Raft
http://www.youtube.com/watch?v=fLUSv-JBxos
IBM – Smart ideas for smarter cities
Dela – Why wait until it’s too late? Say something wonderful today.
Metro Trains, Melbourne – Dumb ways to die
Wem der Ohrwurm nicht reicht – hier gibt es die iPhone App …
Ach ja: wie üblich gibt es auch wieder einen Storify von der Stuttgarter Zeitung.
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