Nur fliegen ist schöner – die 35. Social Media Night

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So geht Social Media: Gert Wim Ter Haar, Social Media Hub Manager bei KLM Royal Dutch Airlines berichtet über den unglaublichen Social Media Erfolg der ältesten Airline der Welt. Bob Gillbreath von Ahalogy rät Unternehmen, sich dringend mit Pinterest auseinanderzusetzen. Bastian Unterberg stellt seine Crowdstorm-Plattform Jovoto vor. Ein Rückblick auf die 35. Social Media Night des Social Media Clubs Stuttgart am 28. Mai 2014.

KLM: Social Media über den Wolken

65 Länder mit insgesamt 131 Destinationen fliegt KLM an. Die knapp 26 Mio. Fluggäste im Jahr sprechen über 100 Sprachen. Eine große Herausforderung für die Airline!

In Social Media der Konkurrenz um Flugzeuglängen voraus

Der Traum für jeden User, der schnell online eine Antwort sucht: Ein Social Media Team mit 175 Mitarbeitern – verfügbar 24/7/365. Rund 35.000 Anfragen und Posts bekommt KLM pro Woche, davon rund 75% über Facebook, den Rest über Twitter und VKontakte (Russland). Ob Anfragen zu Flugbuchungen, Lob für die Stewardess, Beschwerden wegen zu kaltem Bordessen oder die Suche nach einem Gepäckstück – die Fluggäste von KLM haben viele Anliegen. Eine erste Antwort auf eine Anfrage kommt vom 10-sprachigen Team (Muttersprachler) innerhalb von 60 Minuten. Der aktuelle Durchschnitt liegt aktuell bei 23 Minuten.

Warum jedes Unternehmen seine persönliche »Aschewolke« haben sollte.

Die Geschichte, die davor liegt, beginnt gar nicht so strukturiert und durchgeplant, wie erwartet. Noch Anfang 2010 bestand Social Media bei KLM aus »einem Typen«, der, so Gert Wim Ter Haar, »zuhause mit seinem Laptop auf der Couch saß« und die Aufgabe nebenbei erledigte. Doch als der isländische Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen im März 2010 ganz Europa mit einer Aschewolke überzieht und damit den Flugverkehr lahmlegt beginnt die Erfolgsgeschicht von KLMs Social Media Präsenz.

An den Schaltern der Flughäfen bildeten sich riesige Schlangen, auch die Hotlines konnten unmöglich alle Anfragen bearbeiten. Vier Tage und Nächte waren also zusätzlich 100 Freiwillige, die Hals über Kopf eingelernt wurden, damit beschäftigt, die Anfragen und Probleme der Kunden über Facebook und Twitter zu beantworten. Man wollte den Kunden zeigen, dass man jedes einzelne Anliegen registriert hat und es so schnell und präzise wie möglich beantwortet.

Dieser exzellente Service im Krisenfall brachte KLM weltweit in die Presse. Nachdem so deutlich klar wurde, dass eine Airline diesen Social Media Service dringend braucht, musste die Chefetage auch nicht mehr lange überzeugt werden. Der Grundstein für das heute existierende Social Media Team war gelegt und schon Ende 2010 war der Social Media Hub aktiv. Seit 2011 ist der Service 24/7 verfügbar, seit 2012 kommen immer mehr Sprachen dazu. Nächstes großes Ziel: China abdecken, was Social Media Kanäle angeht.

Dass jede einzelne Anfrage individuell und schnell beantwortet wird, ist auch heute noch das größte Anliegen von KLM. Lob vom Fluggast wird direkt an das betreffende Boardteam weitergeleitet – per persönlicher Sprachnachricht auf der Mailbox. Beschwert sich ein Gast darüber, dass ihm auf dem Flug ein kaltes Essen serviert wurde, so ist er beim nächsten Flug derjenige, der zuerst eine Mahlzeit erhält.

Wie das geht? CRM (salesforce.com) sei Dank wird bei jedem Facebook-Post, jedem Tweet ein Kunde angelegt bzw. seine Karteikarte ergänzt. Angeblich aber nur zum Wohl des Kunden – denn: kein Kunde möchte wochenlang Flugangebote für Italien erhalten, nur weil er schonmal mit KLM dort war.

Übrigens: die ganz ungeduldigen Fluggäste können im Twitter-Header von KLM sehen, wo die aktuelle Response-Zeit auf eine Anfrage liegt. Diese Info wird alle fünf Minuten aktualisiert.

KLM Twitter-Profil mit aktueller Antwortzeit-Anzeige

KLM Twitter-Profil mit aktueller Antwortzeit-Anzeige

Mit dem iPad abheben

Bei KLM beschränkt sich Social Media nicht nur auf das simple Beantworten von Anfragen. Stets wird geprüft, wie man dem Fluggast und den Angestellten die Kommunikation erleichtern kann:

  • Social Media ist an vielen Punkten in die KLM-Website integriert. Mittlerweile kommen 50% der Logins auf der Website über Social Networks.
  • Die Cabin Crews sind mit einem iPad ausgestattet. Damit können Social Media Team und Stewardess ganz einfach miteinander kommunizieren. So bekommt der unzufriedene Gast sein Essen extra heiß und die Stewardess ihr Lob nach dem Flug.
  • Man kann über Facebook oder Twitter ein Ticket kaufen! Dafür bekommt man vom Social Media Team einen Social Payment Link per PM zugeschickt. Das kommt gut an: gestartet wurde der Service vor zwei Monaten – über 100.000,- € Umsatz wurde allein dadurch in den ersten zwei Wochen generiert.

Und was lernt KLM aus den aktuellen Reaktionen und mehr als 30.000 Mentions in der Woche? Wie geht es weiter? Gert Wim Ter Haar antwortet: »Fast isn’t fast enough. Good isn’t good enough. Sales go up and down. Service stays!«

Pinterest – für Auge und Herz

Bob Gilbreath, Co-Founder & President von Ahalogy und Autor des Buches The next evolution of Marketing wirbt für die Nutzung von Pinterest für Unternehmenszwecke. Noch zu wenig Unternehmen würden sich mit Pinterest beschäftigen, dabei gibt es bestimmte Branchen, für die diese Plattform wie gemacht ist.

Eine kleine Exkursion für alle, die Pinterest gar nicht kennen: Pinterest ist sozusagen eine Online-Ablagemappe, in der ich Links in Kategorien sammeln kann. Hat man früher Rezeptideen aus Zeitschriften gerissen und in einen Ordner gepackt oder Modefotos an die Wand gepinnt, so kann man das heute ganz einfach digital und online mit Pinterest machen. Auf Pinterest sammelt man also Links zu Blog-Posts und Website-Beiträgen. In der Darstellung eines Pins liegt der Hauptaugenmerk auf dem Bild; dazu kann noch – ähnlich wie bei einem Facebook-Post – ein Infotext gesetzt werden.

Die digiale Pinnwand der Active Millenial Women

Pinterest wird vorallem von Frauen unter 40 genutzt, die sehr affin gegenüber digitalen Medien sind. Sie schauen weniger fern, lesen weniger Magazine, blättern nicht mehr in gedruckten Katalogen. Nach Inspirationen in den meistbesuchten Kategorien auf Pinterest (Fitness, Mode, Essen & Trinken / Kochen / Backen, Schönheit und Wellness, Hochzeit, Reise, Haustiere, Familie, Basteln & Werken, Dekoration und Gadgets) suchen sie hier, statt über Google. Sie planen mit einem Board auf Pinterest das Menü für die Weihnachtsfeier, sie sammeln Dekoideen für die Hochzeit oder pinnen sich ihre Modewünsche fest.

Die aktiven Pinterest-User (Auszug aus der Ahalogy-Studie)

Die aktiven Pinterest-User (Auszug aus der Ahalogy-Studie)

Wie können Firmen Pinterest für ihr Marketing nutzen?

  1. Think Search! Die User nutzen Pinterest wie eine Suchmaschine. Pins mit eindeutigen Bildern und Titel sind im Vorteil. Beispiel: Unternehmen aus der Lebensmittelbranche, die Rezepte von ihrer Website pinnen.
  2. Media Channel für Content Marketing! Die User browsen nach Ideen und Inspirationen in den oben genannten Kategorien.
  3. Continuous Optimization! Mit dem passenden Social Media Tool von Ahalogy kann man Pins optimieren (z.B. unpassende Headerbilder aus der Website für das Pinterest-Layout zuschneiden und mit Text versehen), Pins planen und ihre Performance überwachen.

Genauere Zahlen zu Pinterest gibt es in der Studie von Ahalogy.

Der digitale Weg zu einer guten Idee

Jovoto bringt Kreative aller Sparten zusammen mit Firmen, die das Potential von hunderten Ideen und Meinungen nutzen möchten. Die Plattform – die es übrigens schon seit 2007 gibt – bietet, so Bastian Unterberg (CEO von Jovoto und Co-Autor des Buches Crowdstorm) skaliertes Brainstorming unter optimalen und – ganz wichtig – fairen Bedingungen.

Die Firmen stellen eine Aufgabe und die registrierten Kreativen beteiligen sich an der Lösungsfindung. Es gibt offene Projekte, an denen alle User teilnehmen können und einen closed private Sektor für ausgewählte Kreative. Die Kreativen werden durch ein Karma-System bewertet, bzw. bewerten sich gegenseitig, sie formen häufig Teams während der Arbeit an Projekten. Durch eine gute Bewertung kann man es in den privaten Sektor der Top-Kreativen schaffen. Das sind die, die immer »Kick-ass Quality« abliefern. Ihnen ist eine Bezahlung sicher.

Wer kann das bezahlen? Wer arbeitet für Umme?

Ja, die liebe Bezahlung. Als Kreativer stehe ich solchen Konzepten / Plattformen auch immer etwas misstrauisch gegenüber. Soso, große Firmen und Weltkonzerne wollen also viele Ideen abgreifen, aber nachher nur eine oder einzelne kaufen bzw. lizenzieren. Der Rest der Mitdenker geht also leer aus? Das ist wohl bei Jovoto etwas anders: durch gegenseitige Bewertungen teilen sich die Kreativen gegenseitig ihre Anteile zu. Wer hat wieviel mitgearbeitet? Zudem gibt es für Projektteilnehmer Preisgelder und für die Idee, die schlussendlich ausgesucht wird Lizenzgebühren. Diese sind an den marktüblichen Preisen gemessen.

Ein schönes Projekt kann man sich hier beispielhaft anschauen: den Starbucks BetaCup. Die Aufgabe war so simpel wie anspruchsvoll: Reduce papercup-waste! Die Ideen gingen so in die unterschiedlichsten Richtungen und genau darin liegt das Potential von Jovoto. Bastian Unterberg gibt zu: oft werden auch Ideen lizenziert, die die Aufgabenstellung gar nicht so genau treffen, aber einfach genial sind.

Auch viele gute Ideen: ein Projekt von Victorinox

Auch viele gute Ideen: ein Projekt von Victorinox

Fazit: klingt spannend! Ich zumindest habe heute meinen Account bei Jovoto erstellt und bin gespannt, wie ich damit arbeiten kann und wie sich die Plattform weiterentwickelt! Ach ja: Jovoto ist auch für interne Brainstorming-Aktivitäten z.B. in  großen Werbeagentur-Netzwerken zu haben.

Von wegen Social Media Sommerloch …

Am 2. Juli 2014 findet die 36. SMN statt: wieder im Mercedes-Benz Museum, diese Mal aber oben im großen Saal. Denn zu Gast ist nicht nur die Uni Bamberg mit Business Cases zu Social Selling, sondern auch viele Teilnehmer der Social Media Excellence Initiative, die sich am Folgetag in Stuttgart trifft. Aus dieser Runde von Social Media Experten berichten drei Unternehmen: Expert, Deutsche Bahn und Douglas.

Am 18. August (Achtung: ein Montag!) findet die 2. Digital Night Open Air im Kino vor dem Mercedes-Benz Museum statt. Weitere Infos und Programm folgen sicher bald.

Der Autor

Selbständige Kommunikationsdesignerin, offline wie online zuhause und immer neugierig auf technische Spielereien und aktuelle Entwicklungen im Social Web.

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