In der Galerie Gedock stellen zur Zeit 14 Illustratorinnen und Illustratoren aus Stuttgart ihre Arbeiten aus. Stuttgart illustriert heißt die Ausstellung, organisiert von der Illustratoren Organisation e.V.
Was macht ein Illustrator denn eigentlich?
Wie vielfältig die Arbeiten von Illustratoren sind – ob auftragsbezogen oder frei – kann man in der Ausstellung sehen. Von Kinderbüchern und Produktverpackungen über Grußkarten und Werbeanzeigen bis hin zur Bebilderung von Magazin-Artikeln und Wandbemalung in Nachtclubs – Illustrationen finden in vielen Bereichen ihren Einsatz und sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken.
Die ausgestellten Werke der zwölf Illustratorinnen und zwei Illustratoren sind alle so gehängt, dass im oberen Bereich der Wandflächen die Auftragsarbeiten gezeigt werden; im unteren Bereich werden freie Arbeiten präsentiert – einige gekennzeichnete sind auch käuflich zu erwerben. Weiter sind in einer Gegenüberstellung Produktverpackungen und Werbeanzeigen mit und ohne Illustration zu sehen – hier zeigt sich, wie sehr manche Produkte von Illustrationen leben.
Das gezeigte Spektrum ist enorm vielseitig und sehr beeindruckend. Einige bekannte Arbeiten, die dem ein oder anderen im Alltag schon einmal begegnet sein dürften, sind auch zu entdecken.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 20. April, Öffnungszeiten sind Di-Fr 16-19 Uhr und Sa-So 11-18 Uhr.
Am 20. April findet um 11 Uhr die Finissage statt – Gelegenheit nochmal mit den Illustratoren persönlich in Kontakt zu kommen!
»Durch Ausprobieren, Beobachten, Herumkritzeln, Üben und Verwerfen entstehen im Idealfall neue Ideen«
Der Illustrator Davor Bakara über den Beruf des Illustrators und seine Arbeit.
Wie bist du Illustrator geworden?
Ich bin Illustrator geworden, weil ich mit Zeichnungen bzw. visueller Gestaltung Konzepte und Ideen realisieren und angewandt künstlerisch arbeiten wollte. Ich habe Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Illustration an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart studiert.
Der Einstieg beginnt mit dem selbstständig Denken, Machen, Zeichnen, Üben, Konzepte entwickeln, sich selbst mit Projekten beauftragen, um eine aussagekräftige Mappe mit den eigenen Arbeiten zu erstellen und zu pflegen. Das ist die Basis für alles Weitere – nicht irgendwelche Noten. Und indem man z.B. genau das Genannte studiert. Dabei ist es sehr hilfreich, sich auch mit Grafikdesign, Typografie, Fotografie, Art Direction etc. zu beschäftigen.
Sehr hilfreich ist es, herauszufinden, was einem am Meisten liegt, was einen begeistert, wofür man brennt. Ebenso sinnvoll ist es, herauszufinden, womit man auf gar keinen Fall jeden Tag viele Stunden verbringen möchte. Dann ist man schon mal auf dem richtigen Weg.
In welchem Bereich bist du tätig?
Ich mache Zeichnungen, Visualisierungen, Portraits, Comics, Cartoons, Icons, Logos u. a. in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Institutionen sowie mit Magazinen, Zeitungen, Verlagen, Werbeagenturen etc.
Meine Philosophie: Kreation und Kooperation.
Woher nimmst du Anregungen?
Anregungen findet man mehr als genug, wenn man mit offenen Augen durch die (reale) Welt spaziert, aufmerksam und offen für Neues bleibt.
Ein Skizzenbuch ist Pflicht für jeden, der einen Stift richtig herum halten und damit arbeiten kann. Dabei geht es darum, die Seiten zu füllen, wie auch immer, mit was auch immer, OHNE es zu beurteilen. So definiere ich „Skizzenbuch“.
Und genau so, durch Ausprobieren, Beobachten, Herumkritzeln, Üben, Verwerfen, usw. entstehen neue Zeichnungen, Visualisierungen und im Idealfall vor allem neue Ideen. Gerne auch draußen, wenn es das Wetter hierzulande zulässt, also an ca. 65 von 365 Tagen.
Mit welchen Werkzeugen arbeitest du am liebsten?
Druckbleistift, Bleistift, ArtPen, Pentel Tuschpinsel, Grafiktablett und Adobe Illustrator.
Wie sieht dein Arbeitsprozess aus, wenn du digitale Daten liefern musst?
Im Arbeitsalltag stehen bei jedem Auftrag ganz am Anfang Briefing, Ideenfindung, Brainstorming, Konzept, Entwürfe und Skizzen, immer analog mit Bleistift, Papier und Kopf.
Mit der Recherche zu einem Thema beginnt parallel dazu der digitale Teil der Arbeit, der sich bis zum Realisieren und Liefern der finalen Illustrationen mit den softwareüblichen Verdächtigen fortsetzt.
Wenn ich mit dem Skizzenbuch unterwegs bin, benutze ich ganz klassisch Bleistift und Tuschpinsel, weil es praktisch ist und schnell geht. Dieses Spontane, diesen Strich bekomme ich mit anderen – digitalen – Mitteln wahrscheinlich nicht so hin. Man schätzt Handgemachtes wieder, vor allem wenn man neben der Arbeit auch noch mit Musik, Fotos, Lesen etc. sehr viel Zeit damit verbringt, auf ein großes oder kleines Display zu schauen.
Welche Themen behandeln deine freie Arbeiten?
Eindrücke, Stimmungen, Reisen, Meer, Musik, Portraits und sinnfreies Gekritzel.
Was wäre dein Traumauftrag?
Noch zu realisieren: Titelillustrationen für New Yorker, Rolling Stone (US), Der Spiegel. Bereits realisiert: Titelillustration für „Die Zeit“. Definitiv ein Highlight.
Wieviel Prozent nehmen analog und digital in deinem Arbeitsalltag ein?
Schwierig, hier Prozentsätze zu nennen, mal erfodert ein Job sehr viele grobe Skizzen und Besprechungen bis zum Basisentwurf, mal ist der digitale Teil sehr aufwändig.
Nutzt du Social Media zur Verbreitung deiner Arbeit und welche Erfolge hast du damit schon erzielen können?
Ich nutze Twitter, Facebook für kurze Kommentare und Empfehlungen, zusätzlich LinkedIn, XING, Zerply für News wie Websiteaktualisierung etc. Behance nutze ich als weltweites Netzwerk und als Webportfolio, zusätzlich bzw. synchron zur eigenen Website. Hier kann man großartige Arbeiten von Kollegen, auch aus verwandten Branchen wie Fotografie, Architektur usw. entdecken und ihnen diese Begeisterung auch durch Klicks („Appreciate This“-Button) und/oder Kommentare mitteilen. Ebenfalls als Webportfolio nutze ich noch The Creative Finder. LinkedIn ist praktisch für weltweites „Business-Netzwerken“. Da schreibt zum Glück auch niemand in seinem Status update, dass er gerade ein Sandwich gegessen hat. Zerply probiere ich noch aus.
Neue Kunden und Projekte kommen garantiert nicht, wenn man sie erstens verkrampft sucht und sich zweitens ausschließlich deshalb mit Social Media beschäftigt. Das merkt man sofort. Die Mischung aus Empfehlungen, Self-Promotion und einer Prise Privates (Letzteres nur bei Twitter und Facebook) muss stimmen. Interessierte Follower o. ä. möchten nicht nur durch die Gegend kontakten, sondern etwas über den Menschen bzw. dessen Arbeit erfahren, falls sie selbst reale Menschen und keine Kontaktsuchroboter sind. Ich werde z. B. gleich skeptisch, wenn ich einen neuen Follower auf Twitter habe und ich nach einem kurzen Blick auf das Profil sehe, dass ich einer von 30.000 bin, denen er/sie/es folgt …
Diese Plattformen sehe ich nicht als Erfolgsbeschleuniger, sondern als praktische und sinnvoll nutzbare Kommunikationsmittel unserer Zeit. Man verliert sich nicht aus den Augen, auch wenn jemand die Firma oder den Wohnort wechselt. Der gesunde Menschenverstand sollte auch hier nicht deaktiviert werden. An mir oder meiner Arbeit Interessierte und potentielle Auftraggeber, die gegebenenfalls mit mir zusammenarbeiten möchten, finden mich über einen dieser Kanäle oder auch um drei digitale Ecken davon.
Mehr über Davor Bakara und seine Arbeiten im Web unter davorbakara.com, auf Behance, The Creative Finder, Twitter, LinkedIn, Zerply und Xing.
»Ideen treffen mich unvorbereitet überall.«
Acht Fragen an die Illustratorin Julia Humpfer
Wie bist du Illustratorin geworden?
Ich habe Kommunikationsdesign an der Merz Akademie studiert. Ich hatte einen super Dozenten, Thilo Rothacker, der mir auch heute immer noch hilfreich zur Seite steht. Und dann muss man halt raus gehen und sich Kunden suchen und los gehts.
Für wen arbeitest du und in welchen Bereichen bist du tätig?
Ich habe unterschiedlichste Kunden, von Editorial Geschichten für die Womens Health über Werbeclips für dm drogeriemarkt zu Gastro – Wandbemalung in der Damentoilette des Clubs Zollamt ist alles Mögliche dabei. Zum Glück – die Abwechslung ist mit das Beste an meinem Job. Ich finde es super mich in immer neue Bereiche rein zu denken.
Woher nimmst du deine Ideen nutzt du noch ein klassisches Skizzenbuch?
Klar hab ich ein Skizzenbuch, das schleppe ich auch immer mit mir rum. Und die Ideen treffen mich unvorbereitet überall. Lesen ist sehr hilfreich, gerne auch Prosa, Oscar Wilde ist zum Beispiel der Kracher; schöne ausgestattete Filme füttern meine Phantasie; Musik, Musik, Musik; Ausstellungen natürlich sowieso und Modefotografie wie zum Beispiel von Tim Walker.
Welches ist dein Lieblingstool?
Digitale Arbeiten entstehen zunächst auch erst einmal analog, mit Fineliner oder Bleistift und werden im Photoshop zusammengebastelt. Und sonst bin ich in die Acrylmarker von Molotow und Montana verliebt.
Wie sieht dein Arbeitsprozess aus, wenn du digitale Daten liefern musst?
Es sind immer Collagen, die wie gesagt analog beginnen. Ich arbeite auch viel mit eingescanntem alten papier und eingescannten Aquarellcolorierungen. Das wird dann im Photoshop zusammengesetzt, gegebenenfalls mit rein digitalen Zeichnungen ergänzt, eingefärbt und fertiggestellt.
Welche Themen behandeln deine freie Arbeiten?
Ich beschäftige mich gerne mit Mythologien, Mischwesen, Pflanzen und Tieren. Dabei bediene ich mich frei bei allen möglichen Kulturen, traditionellen Stoffmustern, Trachten etc. und baue das in meine Welt ein, die dem Betrachter möglichst viel Raum für seine eigenen Interpretationen lassen soll. Ich öffne nur das Fenster – was dadurch gesehen werden kann, bleibt jedem selbst überlassen.
Wieviel Prozent nehmen analog und digital in deinem Arbeitsalltag ein?
50% / 50%
Nutzt du Webplattformen und Social Media zur Verbreitung deiner Arbeit und welche Erfolge hast du damit schon erzielen können?
Ich nutze das intensiv und es kommen die meisten Jobs darüber zu stande.
Julia Humpfer findet man im Web unter juliahumpfer.com, auf Facebook, Instagram und Flickr. Wer zudem aufmerksam durch Stuttgart geht, kann ihre wundervollen Arbeiten an vielen Stellen entdecken.