Google+, der »Social Network«-Imitator

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Google+, der »Social Network«-Imitator

Zwei Jahre sind seit dem Start von Google+ ins Land gegangen und so wirklich will das soziale Angebot der größten Suchmaschine der Welt bei uns nicht in Fahrt kommen.

Viel ist passiert in den zwei Jahren, seit es Google Plus gibt. Es begann mit einfachen Nutzerprofilen, die mittlerweile als Autoren-Profile nutzbar sind. Es kamen Seiten für Unternehmen dazu, welche sich mittlerweile ebenfalls als Absender einer Webseite in den Suchergebnissen zu erkennen geben können. Mit Places wurde ein hauseigenes Branchenbuch geschaffen, das dabei hilft auch den letzten Anbieter ähnlicher Online-Dienste auf die hinteren Suchergebnisseiten zu verbannen. Die Hangouts, stark vereinfacht gesagt eine Art Video-Chat, geben Nutzern die Möglichkeit mit ganzen Sendungen via Google+ on Air zu gehen und diese danach bei YouTube dauerhaft zur Verfügung zu stellen.

Angebote, die nur wenige wahrnehmen

Zweifelsohne bietet Google in seinem Dienst hervorragende Services. Doch bis heute hat Google es nicht verstanden die Vorteile seines »Social Layers«, wie sie es selbst bezeichnen, so an die Nutzer zu bringen, dass diese wirklich Teil des Ganzen sein wollen. Es gibt kein wirkliches Herausstellungsmerkmal für die Breite Masse. Kein Teil des Dienstes überzeugt die Mehrzahl der Nutzer derart, dass sie mitmachen wollen. Im Gegenteil. Der Großteil der Angebote innerhalb von Google+ ist auch woanders zu finden. Dann jedoch als eigenständiges Produkt und nicht vom Internetriesen Google.

Denn auch wenn Google in unseren Breiten quasi ein Monopol auf Suche hat, so wird es doch vermehrt in der hiesigen Presse kritisiert. Sei es die Einstellung des iGoogle-Angebots oder der plötzliche Tod des RSS-Tools Google-Reader. Ständig kommen Dienste hinzu, werden mit anderen verschmolzen und verschwinden wieder. Der größten Suchmaschine der Welt fehlt eine gewisse Beständigkeit wenn es um neue Angebote geht. Auch den Ruf der Datenkrake wird Google einfach nicht los. Warum also Google jetzt auch noch in die letzten Bereiche des Privaten einladen? Denn obwohl dies mit dem mobilen Smartphone-Betriebssystem Android praktisch geschieht, wird Google+ von den meisten hierzulande doch als Facebook-Konkurrent gesehen – und zwar als ein solcher, der sich viel zu wenig von Facebook unterscheidet.

Teilen als Facebook-Domäne

Was das Teilen von Inhalten angeht war Facebook lange vor Google+ da. Es gibt also für den Großteil der Nutzer keinen Grund Inhalte, die sie bereits bei Facebook geteilt haben, zusätzlich auch bei Google+ (oder Twitter) zu verbreiten. Dass das so ist, sehe ich auf meiner Seite an den Besucherzahlen des letzten Jahres (85% aller Besucher aus sozialen Netzen kamen von Facebook, 3,5% kamen von Google+ – das bedeutet in diesem Zeitraum nur Platz 4). Aber auch auf Aggregator-Seiten wie dem neu gestarteten Dienst 10000flies, der sich als Social-Media-News-Charts sieht, wird deutlich, dass Facebook die Oberhand im Bereich des Teilens hat. Genau jetzt, während ich diesen Artikel schreibe, wurde der Artikel »kurz und krass: Fünf Tonnen Nutella von Lastwagen geklaut« bereits 7.268 mal geteilt. 7.104 mal auf Facebook, 102 mal auf Twitter und 62 mal bei Google+. Die Idee des Teilens gehört also in Deutschland definitiv Facebook.

Social Network ≠ Social Network

Daran wird sich so schnell auch nichts ändern, denn die Unternehmen empfinden das genauso. Also wird Google+ genauso behandelt wie Facebook. Viel zu selten erhalten die verschiedenen »sozialen Netze« eine auf sie optimierte Strategie. Stattdessen freuen sich Marketing-Chefs über Social-Media-Dashboards, in denen sie die Veröffentlichung in allen Netzen zeitlich planen können und diese von ihnen dadurch in erster Linie als Zeitspar-Tools gesehen werden. Dementsprechend über einen Kamm geschert werden die Inhalte: zum gleichen Zeitpunkt und überall. Als Ergebnis werden die Nutzer über alle Kanäle vom Absender beschossen. Sobald sie aber merken, dass sie ihre Inhalte überall bekommen, beschränken sie sich von allein auf das Netz, bei dem sie am meisten bekommen. Gemessen an den Nutzerzahlen ist das in unserem Fall ganz klar Facebook (nein, nur weil ein neuer Google-Mail-Nutzer automatisch einen Plus-Account erhält, ist er noch lange kein Nutzer des Netzwerks).

Also was nun?

Was aber fehlt, damit Google+ endlich eigenständig wird? Erstens müssen Unternehmen nach zwei Jahren nun langsam begreifen, dass Google+ ein anderer Stammtisch als Facebook ist und es keinen Sinn ergibt, einfach blindlings die Inhalte in alle erdenklichen Richtungen zu schleudern. Zweitens muss Google aufhören immer wieder zu betonen, dass man ja etwas ganz anderes sei als Facebook und stattdessen anfangen auch endlich etwas anderes zu sein. Kein gegenseitiges Kopieren von Erscheinung und Funktionen, sondern ein Herausarbeiten der eigenen Stärken bzw. der nötigen Eigenständigkeit. Denn nicht nur, dass Google in Facebooks Gefilden nicht Fuß fassen kann, nein: Facebook fängt mit »Home« an bei Google zu wildern.

Solange es aber nichts wird mit der »unique selling proposition«, kann ich das »Das und das von Google+ wird mal noch extrem wichtig« aus den Marketing-Kreisen nur noch mit Augenrollen kommentieren – zulange schon höre ich diesen Satz in der bzw. in ähnlicher Form. Hoffentlich wird er bald Wirklichkeit.

Der Autor

Unterstützt seit über 10 Jahren SaaS-Teams dabei fachliche und zwischenmenschliche Herausforderungen lösungsorientiert zu bewältigen.

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